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Sunday 4 July 2010

Zu Fuss



- “Noch 'n ne!

Ich stand an der Ampel.

- “Ihr Fahrrad ist kaputt: soll ich es glauben? Jeden Tag kommt sie zwar damit, aber gerade heute ist ihr rotes Fahrrad kaputt!”

Gruen.
Ueberqueren.
Viele Leute auf der Strasse... Die alte Frau, die mich fast ueberfahren hat: “Selbstverstaendlich: ihr Fahrrad ist nicht kaputt!

Die Sonne schien noch, warme Luft streichelte meine Wange und zerraufte leicht meine Haare. Nachdem ich an meinem Lieblingsplatz angekommen war, kaufte ich mir Zigaretten: “Heute moechte ich ein bisschen Spass haben!

Wir haetten eine Fahrradtour am Rhein gemacht, etwas Bio gegessen, ueber die Lehrerin gelacht, waeren wegen der flachen leichten Schiffe gefahren... Und dann, abends, waeren wir tanzen gegangen, ja, tanzen, wie dieser arme alte Mann, der nach Geld auf der Strasse fragte, krumm sitztend, vielleicht betrunken.. Er hatte eine Zigerette in der einen Hand, aber wenn er an ihr zog, dann lag die Zigarette nicht zwischen seinen Lippen, und er merkte das nicht... Sein Gesicht war von einem entlegenen Ausdruck ueberzogen; dann, ploetzlich, langsam machte er grosse Augen... Ich konnte aber nicht gut Deutsch, und andere Leute blieben hier stehen, um ihn anzusehen. Deshalb lief ich weg...

- “Ich kann nicht gut Deutsch sprechen... Aber ehrlich! Zum Beispiel: wie heisst die “ambulanza” auf Deutsch? Krankenauto?

Noch ein Paar Schritte und der Gedanke nahm Gestalt an: “Aber wenn ich so denke, werde ich nie gut Deutsch sprechen!
Danach hatte ich ein schlechtes Gefuehl: “Was, wenn er einen Infarkt gehabt haette?” Obwohl manche Leute, die vorbeigingen, ihn schnell ansahen, kuemmerte sich keiner um ihn, und er blieb gefangen in seinem toedlichen Rolle!
Kaum hatte ich diesen Gedanken gedacht, da lief ich schon zurueck.
- “Brauchen Sie ein Auto, ehm, eine Krankenschwester, ehm, ein Todwagen??
Obwohl ich seine Worte nicht verstehen konnte, war ich sicher, dass er keinen Infarkt gehabt hatte. Dann nahm ich seine Hand: Am Anfang war ich ein bisschen unsicher und ich fuehlte die Augen der Passanten auf mir, aber spaeter wurden die Augen dieses Mannes hell, und ich schaemte mich nicht mehr, seine Hand zu nehmen.
Er redete weiter, aber ich konnte ihn weiterhin nicht verstehen. Deshalb schenkte ich ihm meine Zigarette: vielleicht waere das eine Loesung. Dann fragte ich mich, wie viele ich ihm geben muesste...

- “Nehmen Sie alle, bitte...

Was noch? Sicher brauchte er Geld; ich dachte, dass fuenf Euro genug waeren, dass fuenf Euro richtig waeren... Richtig...

- “Nehmen Sie auch dies, bitte.

Er nahm alles und sah zwar anerkennend aus, aber nicht interessiert, und redete weiter und hielt immer noch meine Hand: er wollte etwas anders, das ich aber nicht verstand... Trotzdem musste ich gehen... Also stand ich auf, obwohl ich nicht unfreundlich sein wollte. Da nickte er.

- “Ach, so!

Ich stellte schnell einen meiner Fuesse gegen seinen und zog: er stand auf und laechelte, mehr als vorher, dieses mal offensichtlich zufrieden!
Jetzt wusste ich, dass ich gehen durfte.

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Jetzt, waehrend ich in der Dunkelheit liege, quaelt sich mein Vater darueber, dass ich alles verloren habe. Ich war mit so viel Hoffnung aufgebrochen, aber jetzt werde ich hier nur gepflegt, weil klar ist, dass es nicht mehr lange dauern wird. Aber wenn ich an diesen Tag denke, dann fuehle ich mich unsterblich, und ich habe keine Angst mehr.